„Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.“
Gandhi
Man holt ihn aus seiner Box, poliert ihn auf Hochglanz. Die Beine werden einbandagiert. Sein Kapital. Gesattelt, Kandare ins Maul die Schlaufzügel reingeschnallt. Erst läuft er locker und darf seinen wundervollen Hals strecken. Dann verstärkt sich der Druck auf seine Maulwinkel.
Es schmerzt, er will dem entkommen. Man hat ihm gezeigt, dass Widerstand heftige Schmerzen verursacht, also lässt er sich das Kinn auf die Brust ziehen. Wie eine Maschine befolgt er Befehle die von oben kommen. Mit den Sporen, die ihn in die Seite stechen, hat er gelernt zu leben. Er wirft seine Vorderbeine im Trab, die Hinterhand kann jedoch nicht folgen. Dann bringt man ihn zurück in den Stall. Verschwitzt darf er das Wohlfühlprogramm des Solariums genießen. Dann ab in die Box, mit den vergitterten Stäben. Er wartet, frisst sein Heu, wartet, bis ihn am nächsten Tag wieder jemand zum Training holt.
Schneller immer schneller soll er sein. Man merkt das Pferd läuft gerne, es liegt ihm im Blut. Er kennt nichts anderes. Schon sehr früh haben sie ihn angeritten, er durfte laufen, obwohl seine Gelenke und Sehnen strapaziert wurden. Zurück in seiner Box beginnt er zu koppen. Was soll er auch sonst tun? Er wäre viel zu wertvoll, um einen Weideunfall zu riskieren und am nächsten Rennen nicht teilnehmen zu können. Er bekommt Wassergymnastik und Pferdesauna, wie es einem Champion gebührt.
Von Weitem schon hört man das verzweifelte Schreien der Stuten nach ihren Fohlen, die mit ihren dünnen, schrillen Stimmchen antworten.Zusammen werden die Fohlen in einen Transporter gedrängt, die Köpfe hoch erhoben, rollende Augen. Angst überkommt sie, wollen zu ihren Müttern. Die Klappe des Transporters schließt sich. Die Reise ist lang. Als sich die Klappe öffnet, liegt ein Geruch aus Blut und Angst in der Luft. In die Enge des Gebäudes getrieben, verlässt sie dann das Bewusstsein. Es wird dunkel.
Es kommen plappernde Menschen, die sie und ein paar andere Pferde zum Putzen holen. Der Sattel drückt, Ausbinder werden eingeschnallt, damit sie leichter zu sitzen ist. Doch ihr empfindlicher Rücken schmerzt bei jedem Male, wenn ihr jemand in den Rücken fällt.
Im Trab bekommt sie bei jedem Tritt von ungeübten Händen einen Ruck ins Maul, das Gebiss schmerzt auf den Zahnleisten und Maulwinkeln. Doch sie ist tapfer und erträgt alles klaglos.
Den Kopf im üppigen Grün, Box kennt er nicht. Doch seine Hufe schmerzen bei jedem Tritt.
Er mag sich nicht viel bewegen. Warum auch.
Natürlich, alles Ausnahmen, jedoch für manche Pferde Alltag, irgendwo in Deutschland.
Text u. Idee: Geitner /Schmid