Schaut man sich ein Pferd an verwundert es einen doch wie klein, im Verhältnis zur Körpergröße, der Magen ist. Mit gerade mal einem Fassungsvermögen von 15-20l, ist er darauf angewiesen kontinuierlich kleine Futtermengen aufzunehmen, um genügend Nährstoffe ins Pferd zu bringen. Daher erklären sich u.a. auch die ausgiebigen Fresszeiten, von 16-18 Stunden, wild lebender Pferde.
In der Maulhöhle wird von den Backenzähnen das aufgenommene Futter zunächst zermahlen, zerkleinert und ausgequetscht.
Während des Kauens wird Speichel produziert. Den Löwenanteil an der Speichelproduktion übernimmt die Ohrspeicheldrüse. Sie produziert während des Kauvorganges, pro kg Raufutter 3-5 kg Speichel, bei Kraftfutter 1-1.5 kg Speichel. Die täglich produzierte Gesamtmenge an Speichel eines Großpferdes beträgt ca. 40l. Das hat seinen guten Grund.
Speichel besitzt keine Enzyme, die das Futter schon vorverdauen könnten, aber wichtige Salze (Bikarbonate), welche für die Pufferung also Neutralisierung von Säuren benötigt werden.
Der Speisebrei gelangt durch die Speiseröhre zum Mageneingang. Dort gelangt er stoßweise, in kleinen Portionen (durch einen Schließmuskel, der sich nur von oben nach unten “öffnet”) in den Magen. Zunächst in den drüsenlosen Teil. In diesem Teil des Magens wird noch keine Magensäure (Salzsäure), ebenso kein Eiweiß spaltendes Pepsin produziert.
Hier beginnt eine enzymatische, mikrobielle Aufspaltung von leicht zugänglichen Kohlenhydraten. Dadurch entsteht als Abfallprodukt u.a. Milchsäure.
Um diese zu neutralisieren, wird jetzt der Speichel mit seinen Salzen benötigt. Fehlt hier die puffernde Wirkung des Speichels, können Magengeschwüre entstehen. Der drüsenlose Teil wird von einer “Linie” der “Margo pilactus” vom Säure produzierenden Teil des Pferdemagens getrennt.
Der, jetzt mit Speichel gut durchtränkte und leicht vorverdaute, Futterbrei gelangt nun in den säurehaltigen Teil des Magens. Hier wird er nach und nach mit Magensaft getränkt. Der pH-Wert sinkt und die mikrobielle Tätigkeit wird eingestellt. Das heißt, auch schädliche Mikroorganismen werden durch den niedrigen pH-Wert abgetötet. Bei reiner Heufütterung liegt der pH-Wert am Ende des Magens bei ca. 2.6 bei Kraftfutter dagegen bei einem pH-Wert von bis zu 5. (Da überlebt so Einiges was nicht überleben sollte!) Pepsin sorgt für die Eisweißaufspaltung. Danach gelangt der Futterbrei stoßweise proportioniert durch den Pförtner in den Dünndarm.
Das ausreichende Durchtränken mit Magensaft ist für eine gesunde Verdauung äußerst wichtig. Aufgrund Stressfaktoren (z.B. übermäßiger psychischer und körperlicher Belastung) unmittelbar nach der Futteraufnahme, kann es zu einer geringeren Produktion von Magensaft kommen und der Futterbrei nicht richtig durchtränkt werden. Eine Kolik könnte eine mögliche Folge davon sein, da die es zu Fehlgärungen und Bildung von Milchsäure kommt, die dann an den Dünndarm weitergegeben werden.
Artgerechte Fütterung, d.h. ausreichend und raufaserreiches hochwertiges Pferdeheu, sowie eine vernünftige Menge an Kraftfutter ( falls denn nötig), sind schon eine gute Grundlage, dass es dem Magen gut geht. Dafür zu sorgen, dass die Ohrspeicheldrüse ordentlich funktioniert, und nicht durch falsches Reiten gequetscht wird. Also hinter der Senkrechten, Kinn auf der Brust und dann kräftig nach links und rechts riegeln. Eine gequetschte Ohrspeicheldrüse sorgt nicht nur für höllische Schmerzen. Die Quetschung, kann der Grund dafür sein, dass wenn weniger Speichel produziert wird. Es kommt zur Bildung von Magengeschwüren. Sind die Magengeschwüre denn schon da, sorgen auch die anderen Kopfspeicheldrüsen für vermehrte Speichelbildung, um noch mehr Schaden zu verhindern. Leider ist vielen Pferden das Maul zugebunden (Sperr,-Kinnriemen). Die so nötig gebrauchte “Spucke” kann nicht abschluckt werden. Sehr deutlich ist das an den “Speichelfäden “zu sehen, die manchen Pferde regelrecht, während des Reitens, aus dem Maul hängen. Ein Anzeichen für Magenprobleme. Probleme mit dem Magen bedeuten Schmerzen. Wen wundert es da, dass so manches Pferd nicht locker läuft. Nur, es muss auch erst mal erkannt werden, dass der Magen der Grund dafür ist. Läuft es im Trab sehr “spannig”, im Schritt und Galopp lockerer? Zieht es nach einer Trabphase im Flankenbereich auf ?
Magensäure wird auch produziert, wenn kein Futter in den Magen kommt. Also fehlt auch hier die puffernde Wirkung, um die Magenschleimhäute zu schützen.Die Magensäure schwappt vorwiegend im Trab, vom säurehaltigen Teil des Magens, in den Teil in dem keine Säure produziert wird. Hier fehlt allerdings die besonders schützende Schleimhaut. Das Pferd hat Schmerzen.
Um eine Reizung der Magenschleimhäute zu vermeiden, hat auch das kauende Maul (neben den vielen wichtigen anderen Bedeutungen der Kieferfreiheit), durch das die Speichelproduktion angeregt wird, seine Daseinsberechtigung in der Reiterei.
Liebe geht eben doch durch den Magen!
Quelle: Pferdefütterung Mayer/Coenen;PareyVerlag, 2002,S.20-22
Text u. Idee:Geitner /Schmid